Agentic AI: Vom starren Regelwerk zur anpassungsfähigen Prozessautomatisierung

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1975 erfand Kodak – damals bereits eine starke Marke – die erste echte Digitalkamera. Heute hört man wenig von Kodak. 2012 meldete das Unternehmen Insolvenz an. Der Grund ist bekannt: Digitale Fotografie ging in den Massenmarkt, während Kodak am Kerngeschäft mit Film und Entwicklung festhielt. Die Ironie: Kodak hielt die Zukunft in den Händen und erkannte sie nicht. Starre Business Rules und feste Entscheidungswege prägten die Organisation. Genau diese Regeln dominieren viele Unternehmen bis heute – obwohl sich Trends seit 1975 schneller verändern als je zuvor. Das Potenzial lag bei Kodak tief in den F&E-Prozessen. Die Prozesse waren also nicht falsch, sie wurden nur nicht rechtzeitig an Markttrends angepasst.

Status quo der Automatisierung

Gerade in der Tech-Welt ist sichtbar: Viele Konzerne ersetzen erste Tätigkeiten mit KI. Blicken wir auf die Herausforderungen im Markt von heute, basiert Prozessautomatisierung noch immer stark auf vordefinierten Geschäftsregeln und festen Workflows, um manuelle Arbeit zu minimieren. Dieses Modell funktionierte im letzten Jahrhundert und bis in die späten 2000er. Heute braucht es schnellere Adaption – getrieben von zwei Faktoren: Trends und Ausnahmen.

Wer resilient sein will, muss anpassungsfähig sein. Starre Workflows kommen mit der wachsenden Zahl von Ausnahmen nicht mehr zurecht. Das führt wieder zu mehr manueller Arbeit. Trends sind zudem volatiler und schwerer vorhersehbar. Große Organisationen reagieren oft mit großem Aufwand oder ignorieren sie. Ob man Veränderungen wie Kodak ausblendet oder stark investiert: Die Welle kommt. Sie heißt KI. Ein LLM einzuführen, reicht jedoch nicht. Es braucht ein klares Konzept, um echten Nutzen zu heben – nicht nur den Schein von „Cutting Edge“.

Agentic AI und Prozessautomatisierung

So wie IT sich von Maschinenbefehlen zu natürlicher Sprache entwickelt hat, muss sich auch Prozessautomatisierung weiterentwickeln. Grenzen vordefinierter Workflows und Regeln zeigen sich bei unstrukturierten Daten und Quellen. Das klassische Vorgehen verlangt immer mehr manuelle Eingaben. Prozesse stocken, Effizienz sinkt. Hier kommt Agentic AI ins Spiel. KI-Agenten, betrieben auf sicheren, lokal geführten LLMs, die auf unternehmenseigene, kuratierte Daten trainiert sind, schließen die Lücke zwischen Anspruch und Realität der Automatisierung.

Wo früher feste Ablaufketten nur mit manuellen Prüfungen Ausnahmen abfangen konnten, schaffen KI-Agenten flexible Workflows. Beispiele, was KI-Agenten im Prozess ausgleichen oder verbessern können:

  • Zugriff auf freigegebene Datenbanken und strukturierte Quellen
  • Abgleich von Informationen mit vordefinierten gesetzlichen Richtlinien
  • Lesen und Interpretieren von Nachrichten, die in den Prozess einfließen
  • Identifizieren von Schlüsseldaten und bedarfsgerechte Transformation ohne Unterbrechung
  • Proaktives Schließen von Datenlücken inklusive automatischer Anfragen und Feedback-Verarbeitung
  • Eskalation von Prozessschritten zur menschlichen Prüfung, sobald Risikokriterien erfüllt sind (automatisch oder teilautomatisch erkennbar)
  • Lückenlose Transparenz und Analyse in jedem Prozessschritt für mehr Agilität und Resilienz

Blickt man heute auf Agentic-AI-Funktionen in Automatisierungsplattformen, ersetzen sie vor allem manuelle Tätigkeiten. Das allein verhindert aber nicht, dass Potenziale ungenutzt bleiben. Auch bei Kodak hätten KI-Agenten viele Arbeitsschritte übernehmen können. Ohne den Blick auf die eigenen Daten und deren Bedeutung wäre das dennoch zu wenig gewesen. Genau hier liegt ein zentraler Aspekt, den wir bislang ausgespart haben.

Und der Blick nach vorn?

Die genannten Funktionen reduzieren vor allem manuelle Arbeit und Kosten. Entscheidend ist etwas anderes: das Erkennen von Verbesserungen und neuen Optionen. Nicht nur Prozessfehler identifizieren – das zeigt Process Mining bereits – sondern proaktiv Potenziale aufdecken.

Erhält Agentic AI Einblick in Geschäftslogik, Prozesse und Workflows, kann sie allein auf Basis der internen Daten viel leisten. Was häufig fehlt, ist ein konsistenter Blick auf zukünftige Möglichkeiten. Fachanalysten können Ähnliches leisten, doch das ist oft langsamer und teurer.

Darum lohnt sich der Ansatz, KI-Agenten nicht nur manuelle Schritte ersetzen zu lassen, sondern Analysen und Insight-Gewinnung in Echtzeit zu übernehmen. In Kombination mit bestehendem Process Mining wird der eigene Datenbestand zur Goldgrube. Er ist da, nur oft unstrukturiert.

Die Sicherheitsfrage

Wer KI-Agenten in Prozesse bringt, muss Sicherheit mitdenken. Datenverarbeitung steht unter strengen regulatorischen Vorgaben. Öffentliche LLMs mit Kunden- oder sensiblen internen Daten erhöhen das Risiko von Leaks und Angriffsflächen. Das berücksichtigen verantwortungsvolle Implementierungen von Beginn an.

Zugleich lassen sich KI-Agenten auf definierte Datentypen und -mengen begrenzen – mit oder ohne externe Recherche. Das verbessert Sicherheit und die Qualität des Trainings. Präzise Anweisungen, wie Daten zu verarbeiten und zu speichern sind, erhöhen die Genauigkeit und blenden Störgeräusche aus. So bleibt der Mensch in der Schleife entscheidungsfähig, statt von irrelevanten Signalen abgelenkt zu werden.

Fazit (Teil 1)

Zurück zum Anfang: 1975 hatte Kodak die Zutaten für Zukunftsfähigkeit. Die Fokussierung auf bestehende Praktiken machte aus einem Ass im Ärmel eine verpasste Chance. Ein hoher Automatisierungsgrad hielt die Marke noch eine Weile im Spiel. Der fehlende Blick auf das eigene Potenzial trug zum Absturz bei.

Wer heute Prozesse automatisiert, sollte nicht nur an Kostensenkung denken. In den Unternehmen liegt eine Daten-Goldmine, die darauf wartet, gehoben zu werden. Agentic AI hilft, diese Goldmine zu erschließen – und Agilität wie Resilienz zu steigern. Bleiben Sie dran: In Teil 2 zeigen wir konkrete Einsatzszenarien, den Ansatz von Scheer PAS für Agentic AI, weitere positive und negative Praxisbeispiele aus dem Enterprise-Umfeld und mögliche Risiken bei zu großer Abhängigkeit von KI-Agenten. Interessiert? Abonnieren Sie unseren Newsletter oder sprechen Sie mit uns über Ihre Erfahrungen und Herausforderungen. Gemeinsam finden wir die passende Lösung.