Agentic AI in der Prozessautomatisierung: Rückblick 2025 und Ausblick auf 2026

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Interview mit Dr. Christian Linn, Head of Development bei Scheer PAS

1. Agentic AI 2025: Vom Experiment zur Plattformfunktion

Frage: Wenn Sie auf 2025 zurückblicken: Welche Entwicklungen im Bereich Agentic AI für die Prozessautomatisierung waren für Sie als Head of Development am prägendsten?

Dr. Christian Linn:
2025 war für uns in zwei Dimensionen spannend: aus Sicht unserer Kunden und aus technologischer Perspektive.

Auf der Produktseite haben wir in Scheer PAS ein neues Feature auf die Plattform gebracht, mit dem unsere Kunden eigene KI-Agenten aufbauen und in ihre Prozessautomatisierung integrieren können – für komplette Prozesse oder gezielt für Teilprozesse. Das war ein wichtiger Schritt: weg von reinen Assistenzszenarien hin zu Agenten, die wirklich Aufgaben übernehmen und Ausführungsverantwortung tragen. Unsere Kunden bekommen damit deutlich dynamischere und flexiblere Automatisierungen.

Parallel dazu hat sich auf der technologischen Seite sehr viel bewegt. Es gab natürlich neue, leistungsfähigere Modelle der großen Anbieter. Entscheidender war für uns aber der Fokuswechsel im Agentic-AI-Umfeld: weg von „wir basteln mal einen Agenten“ hin zu „wie machen wir Agenten wirklich produktionsreif“. Themen wie Sicherheit, Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Ausführung sind viel stärker in den Vordergrund gerückt. Genau das sind die Aspekte, die man braucht, um Agenten in kritischeren Prozessumgebungen einzusetzen – und die wir in Scheer PAS von Anfang an mitgedacht haben.

Scheer PAS Mistral AI support EU Regulations Agentic - Image 1

2. „Nette Demo“ oder echte Skalierung?

Frage: Viele Unternehmen haben 2025 mit KI-Agenten experimentiert: Was hat aus Ihrer Sicht den Unterschied zwischen „netten Demos“ und wirklich skalierbarer Prozessautomatisierung ausgemacht?

Dr. Christian Linn:
Wir haben viele Projekte gesehen, in denen ein erster Agent-Prototyp durchaus beeindruckend wirkte – aber nicht den Sprung in den produktiven Dauerbetrieb geschafft hat. Aus unserer Erfahrung in der Prozessautomatisierung gibt es dafür ein paar klare Gründe.

Ein zentraler Erfolgsfaktor ist, den Use Case des Agenten nicht isoliert zu betrachten. Ein Agent arbeitet nie im luftleeren Raum. Er ist immer Teil eines Geschäftsprozesses. Das heißt: Was passiert vor dem Agenten? Welche Systeme liefern Kontext? Was passiert danach, wenn der Agent seine Aufgabe erledigt hat? Wer greift ein, wenn etwas schiefgeht?

Damit kommen zwei Punkte ins Spiel:

  1. Tiefe Systemintegration:
    Agenten müssen sich kontrolliert in bestehende IT-Systeme einfügen. Nur wenn sie auf relevante Daten und Funktionen zugreifen können – über stabile APIs und definiere Schnittstellen – entsteht ein echter Mehrwert über die Demo hinaus.
  2. Robuste Orchestrierung und Governance:
    Wir sehen, dass BPMN-basierte Orchestrierung ein wichtiger Stabilitätsanker ist. Prozesse bleiben nachvollziehbar modelliert, auch wenn Agenten dynamische Entscheidungen treffen. Dazu kommen klare Governance-Regeln: Welche Aktionen darf ein Agent ausführen? Wo braucht es Freigaben? Welche Daten darf er sehen?

Und: Unternehmen brauchen realistische Erwartungen an LLMs wie Mistral. KI-Agenten sind kein Allheilmittel. Es gibt Szenarien, in denen sie sehr hilfreich sind – und andere, in denen eine klassische, regelbasierte Automatisierung vollkommen ausreicht. Die Projekte, die 2025 erfolgreich in den produktiven Betrieb gegangen sind, haben diese Balance gefunden.

Picture describes how Scheer PAS enables AI Agents to be injected into the business processes

3. Orchestrierung mehrerer Agenten: Die kritischen Herausforderungen 2025

Frage: Aus Produkt- und Architektursicht: Welche Herausforderungen bei der Orchestrierung mehrerer KI-Agenten waren 2025 für Sie am kritischsten zu lösen?

Dr. Christian Linn:
Wir gehen klar davon aus, dass in vielen Szenarien mehrere Agenten zusammenspielen werden. Die Frage ist: Wie orchestriert man dieses Zusammenspiel zuverlässig?

Wir sehen aktuell zwei Hauptansätze:

  • Mehrere Agenten werden in eine regelbasierte Prozessstruktur eingebettet, beispielsweise in BPMN-Prozesse. Die Reihenfolge, Übergabepunkte und Eskalationspfade sind damit klar modelliert.
  • Ein Multi-Agenten-Framework übernimmt selbst die Koordination: Ein übergeordneter Agent oder ein LLM steuert, welcher Agent welchen Teil eines Tasks übernimmt.

Beide Ansätze haben Potenzial, stellen aber hohe Anforderungen an Produkt und Architektur. Für uns waren 2025 vor allem diese Herausforderungen kritisch:

  • Koordination und Kontextweitergabe:
    Agenten müssen wissen, in welchem Schritt des Gesamtprozesses sie sich befinden und auf welchem Kontext sie aufbauen. Kontextverlust führt schnell zu Fehlentscheidungen oder unnötigen Schleifen.
  • Fehlerbehandlung und Robustheit:
    Was passiert, wenn ein Agent eine Aufgabe nicht ausführen kann, ein System nicht erreichbar ist oder unerwartete Daten erhält? Robuste Fehlerpfade, automatische Fallbacks und Testszenarien sind hier essenziell.
  • Sicherheit und Berechtigungen:
    Klassische Enterprise-Themen wie Berechtigungsmanagement werden durch Agenten nicht weniger wichtig, im Gegenteil. Wir müssen klar definieren, welcher Agent auf welche Daten, Systeme und Aktionen Zugriff hat.

In Scheer PAS haben wir 2025 intensiv daran gearbeitet, diese Punkte in der Plattform abzubilden: von der modellbasierten Orchestrierung über Monitoring und Logging bis hin zu Rollen- und Rechtemodellen für Agenten. Nur so lassen sich Agenten in großen, kritischen Prozessen wirklich skaliert einsetzen.


4. Von Piloten zu End-to-End: Prioritäten für 2026

Frage: Mit Blick auf 2026: Was werden aus Ihrer Sicht die wichtigsten Prioritäten für Anwender sein, die von isolierten KI-Piloten zu End-to-End-Prozessautomatisierung mit Agentic AI kommen wollen?

Dr. Christian Linn:
Ich sehe für 2026 vier zentrale Prioritäten:

  1. Geeignete Use Cases auswählen:
    Nicht jeder Prozess ist sofort ein Kandidat für Agentic AI. Unternehmen sollten mit klar abgegrenzten, geschäftskritischen, aber beherrschbaren Prozessen starten, bei denen ein Mehrwert durch KI offensichtlich ist – z. B. durch hohe manuelle Aufwände oder viele Ausnahmen.
  2. Daten und APIs standardisieren:
    Ohne saubere Datenmodelle und gut dokumentierte APIs stößt jede Agenten-Orchestrierung schnell an Grenzen. Wer 2026 skalieren will, muss die Basis legen: Integration, API-Management, einheitliche Schnittstellen.
  3. Human-in-the-Loop-Muster definieren:
    Menschen bleiben ein fester Bestandteil automatisierter Prozesse. Unternehmen sollten bewusst festlegen, wann ein Agent Entscheidungen eigenständig trifft und wann er Vorschläge macht, die von Fachanwendern freigegeben werden.
  4. Klare KPIs zur Wertmessung:
    Um vom Piloten zur breiten Nutzung zu kommen, braucht es belastbare Zahlen: Durchlaufzeiten, Fehlerquoten, manuelle Aufwände, Zufriedenheit von Mitarbeitern und Kunden. Diese KPIs sollten von Anfang an mitgedacht werden.

5. Praktischer Rat für die Agentic-AI-Roadmap 2026

Frage: Wenn Sie Unternehmen einen praktischen Rat für ihre Agentic-AI-Roadmap 2026 geben müssten: Welcher wäre das?

Dr. Christian Linn:
Mein Rat wäre: Fangen Sie fokussiert an – aber fangen Sie an.

Wählen Sie einen klar abgegrenzten, fachlich relevanten Prozess, bei dem ein echter Mehrwert sichtbar wird. Setzen Sie auf eine Orchestrierungsplattform wie Scheer PAS, die Sie in Themen wie Integration, Sicherheit, Skalierbarkeit und Monitoring unterstützt. Kombinieren Sie diese Plattform mit einem gut governeden LLM wie Mistral, das zu Ihren Compliance-Anforderungen passt.

Und dann: Lernen Sie aus echter Nutzung. Sammeln Sie Erfahrungen in der Entwicklung, im Betrieb und im Zusammenspiel von Fachbereich und IT. Diese Erfahrungen sind durch keine Analyse im Vorfeld zu ersetzen. Wer 2026 bereit ist, mit einem guten Fundament und einem klaren Use Case einfach zu starten, wird Agentic AI Schritt für Schritt in seine End-to-End-Prozesse integrieren können.

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